Spannend wird diese Massnahme natürlich erst in der Anwendung. So mancher Anwalt dürfte sich fragen, ob die EU zum Stichtag nächstes Jahr einige Milliardenklagen gegen die fünf grossen amerikanischen IT-Riesen (Google, Facebook, Amazon, Microsoft, Apple) lostreten wird. Diese sitzen nicht nur auf Tonnen von Daten, deren Ursprung und Verwendung für fantasievolle Juristen debattierbar wären, sondern auch auf sehr viel Geld. In einem von Austerität geprägten Europa ist das mehr als verlockend. Glaubt man bösen Zungen, so wurden vor Jahren Teile des europäischen Satellitensystems Galileo mit Bussgeldern von Microsoft finanziert.
Etwas weiter gedacht stellt sich ausserdem die Frage, ob sich die neuen EU-Regeln nur um das Thema IT-Sicherheit drehen. Viele Beobachter sehen zurzeit in den Entwicklungen im Bereich künstliche Intelligenz die eigentliche Zukunft von IT-Innovation. Damit KI aber wirklich zum Tragen kommen kann, braucht man Daten, und zwar Tonnen davon. Diese haben vor allem die amerikanischen Big Five. Wenn Europa hier nicht den Anschluss verlieren will, muss es schauen, wie man den technisch weit vorauseilenden Amerikanern beikommen kann. Wer hat die Daten, wo muss man sie lagern, was darf man mit ihnen machen? So gesehen geht es bei den oben erwähnten Verordnungen zwar auch um Sicherheit – aber vielleicht nicht nur im Sinne der IT. Vielleicht wollen die Europäer die digitale Zukunft nicht einfach komplett den Amerikanern (oder Chinesen) überlassen