Christian Walter ist Geschäftsführer und Redaktionsleiter von swiss made software. Bis Ende 2010 arbeitete er als Fachjournalist für das ICT-Magazin Netzwoche, publizierte zuletzt aber auch im Swiss IT Magazin, der Computerworld sowie inside-it.
Über drei Jahre arbeitete die adesso Schweiz AG für PostFinance als Frontrunner am CBT-Projekt, der Ablösung der bisherigen Kernbankenlösung. Mit der Anpassung und Erweiterung des Personendatensystems zeichnete der IT-Dienstleister für eines der zentralen Teilprojekte verantwortlich.
2013 begann PostFinance das mehrjährige und komplexe Core-Banking-Transformation-Projekt (CBT), das seinen Abschluss im kommenden Frühjahr 2018 finden wird. Zwar kommt mit BaNCS, der Lösung der indischen Firma Tata Consultancy Services TCS, nun eine Standardsoftware zum Einsatz, doch auch diese musste erst auf die Anforderungen des Finanzdienstleisters zugeschnitten werden. Ein zentrales Teilprojekt war die Anpassung des bestehenden Personendatensystems PEDA-S.
Zum Zug kam die adesso Schweiz AG. Der IT-Dienstleister war verantwortlich, eine weitläufige App-Landschaft zu konsolidieren, den Funktionsumfang zu erweitern und das System gesamthaft in die neue Kernbankenlösung zu integrieren. Keine Kleinigkeit, denn PEDA-S ist innerhalb des CBT-Projekts nicht nur eine der wichtigsten, sondern auch eine der grössten Applikationen. Gleichzeitig bildet das konsolidierte PEDA-S die Basis für zahlreiche weitere Anwendungen und ist mit diversen Komponenten des neuen Gesamtsystems vernetzt. „PEDA-S ist der absolute Kern der Bank. Hier sind die Regeln für die Interaktion der Kunden mit der Bank und ihren Produkten abgelegt“, so Barbara Marti, Leiterin Informatik Application Management der PostFinance.
Tiefgreifende Änderungen im Kern der Bank
Anders ausgedrückt: PEDA-S ist eigentlich reine Logik. Loggt sich beispielsweise ein Kunde ein, prüft das System dessen Berechtigungen bzw. für welche Dienstleistungen Verträge hinterlegt sind (E-Finance, Kreditkarten, Säule 3A, Hypotheken etc.). Dabei kann jeder Vertrag individuell ausgestaltet sein: Ist es ein Privat- oder Geschäftskunde oder sogar beides? Weichen Wohn- und Korrespondenzadresse voneinander ab? Welche Adresse gilt für welchen Vertrag? Dementsprechend wird es schnell komplex. Kein Wunder also, kommt ein umfangreiches Modell mit tausenden von Ausnahmeregeln zum Einsatz.
Entsprechend schlug sich die Komplexität auch in der Projektdauer nieder: Etwa 39 Monate, verteilt auf drei individuelle Phasen, wurden veranschlagt. Neben dem hohen technischen Know-how der Mitarbeitenden waren zwei Faktoren erfolgskritisch: Die richtige Aufnahme und das anschliessende Clustering der Anforderungen sowie eine hohe Flexibilität bei der Skalierung der Teams. „Initial waren wir zu sechst – je drei Business Analysts und Software Engineers“, so Filipe Luis, Projektleiter PEDA-S bei adesso. Diese Vorhut nahm die Anforderungen im Detail auf und fasste sie so zusammen, dass sich die ersten Arbeitspakete herauskristallisierten. „Wir reden hier von hunderten von Requirements inklusive Versionierung“, so Luis.
Nach etwa neun Monaten begann mit Phase 2 die Umsetzung. Dafür musste das Team schnell stark vergrössert werden, sodass schliesslich 25 Entwickler/-innen in vier verschiedenen Teams gleichzeitig an der Umsetzung arbeiteten. „Zu Spitzenzeiten waren es sogar bis zu 55 Mitarbeitende in allen Funktionen“, so Luis. Um den Ramp-up möglichst problemlos zu gestalten, wurde ein detaillierter Plan mit eigenem Schulungsmaterial erstellt. In Siebner-Gruppen erhielten die Neuankömmlinge jeweils eine dreitägige Schulung und arbeiteten anschliessend in gemischten adesso/PostFinance-Teams am selben Ort. Dabei wurde viel Wert auf Harmonie und eine gemeinsame Teamkultur gelegt. „Für ein solches Projekt sind persönliche Beziehungen ein Schlüsselelement. Wenn es nicht passt, muss man die Leute austauschen“, so Barbara Marti.
Schneller Personal Ramp-up als wichtiger Erfolgsfaktor
Ebenso zentral war das dauernde Monitoring der Aufgabenverteilung. Bedingt durch die ständige Evolution der Software und der Anforderungen an diese, gab es ein permanentes Abwägen des optimalen Ressourceneinsatzes. So konnten kurzfristig Leute zugezogen werden oder eine Aufgabe von einem Team zum anderen wandern. Dabei war vor allem adesso gefordert, das richtige Personal in der angemessenen Quantität und Qualität bereit zu stellen. Als Junior wurde man gar nicht erst auf das Projekt angesetzt und die Seniors mussten motiviert werden, einem so langfristigen Projekt treu zu bleiben. „Hochqualifizierte sind eher sprunghaft. Sie so lange zu halten war eine Kunst“, so Luis. Aber dies war nötig, um das Projekt erfolgreich abzuschliessen.
Besonders war auch, dass adesso mit in der Verantwortung für das Gelingen stand und das Projekt durch eine Doppelspitze adesso/PostFinance geführt wurde. All dies war von PostFinance bereits vor Projektbeginn als erfolgskritisch definiert worden. „Die physische Nähe, das partnerschaftliche Arbeiten sowie die gemeinsame Verantwortung waren Anforderungen, die adesso für die Auftragsvergabe erfüllen musste“, so Barbara Marti.
adesso gelang es, alle drei Phasen termingerecht abzuschliessen. Im März 2017 wurde plangemäss die Abschlusspräsentation gehalten und auf Video aufgezeichnet. Zusammen mit einer weitläufigen Dokumentation soll sie PostFinance helfen, die Applikation nachfolgend möglichst allein zu betreiben. In Zukunft soll für deren produktiven Betrieb nämlich nur noch ein Fünftel der personellen Ressourcen nötig sein – dies, obwohl sich der Funktionsumfang praktisch verdoppelt hat.
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