Christian Walter ist Geschäftsführer und Redaktionsleiter von swiss made software. Bis Ende 2010 arbeitete er als Fachjournalist für das ICT-Magazin Netzwoche, publizierte zuletzt aber auch im Swiss IT Magazin, der Computerworld sowie inside-it.
Auch Vermögensverwalter spüren den Druck der Digitalisierung. Zwei Trends stehen sich gegenüber: Erstens die Robo Advisors, die Berater einfach abschaffen wollen sowie Firmen, die vom Mehrwert menschlicher Beratung überzeugt sind.
Sowohl das regulatorische Umfeld als auch die Risikoaversion der Kunden wurden durch die Finanzkrise stark verändert. In dieser Situation kann eine Anlageberatung nur unter Einsatz moderner IT-Werkzeuge erfolgreich sein.
Wesentlich für den Erfolg sind drei Dinge: Die Lösung muss den Arbeitsaufwand durch effektives Prozessmanagement senken. Sie muss die Anforderungen der Compliance automatisch erfüllen sowie Risiken sichtbar machen, und zwar für Berater wie Kunden. Sie muss attraktiv und dynamisch sein. Der Berater muss live am Desktop oder Tablet zusammen mit dem Kunden diverse Szenarien und ihre Auswirkungen durchspielen können.
Mit anderen Worten: Das System muss sowohl die Interessen der Berater und der Bank berücksichtigen wie auch die des Kunden. Die Software sollte deshalb auch beide Perspektiven erlauben: die des Kundenberaters auf seinen Kundenstamm mit Information über den Handlungsbedarf sowie die des Kunden, der schon direkt im Meeting eine verständliche Erklärung der Anlagevorschläge und der damit verbundenen Risiken erwartet.
Mit dem Risiko spielen
UnRiskAlpha strebt genau das an. Im Einsatz gestaltet sich der Prozess wie folgt: Basierend auf dem Risikoprofil und den Anlagezielen des Kunden werden dem Berater geeignete Anlagestrategien und Musterportfolios angeboten. Letztere sind strategiebezogen im System hinterlegt und dienen als Ausgangslage für Anlagevorschläge für potenzielle Neukunden oder Bestandskunden. Der Kundenberater passt dieses anschliessend unter Berücksichtigung individueller Kundenwünsche und hauseigener Anlageempfehlungen an. Um diesen Vorgang zu unterstützen, lassen sich mögliche Investments auch nach Themen wie Green Technology oder Nachhaltigkeit filtern.
Hier zeigt das System zum ersten Mal seine Intelligenz, indem es das Portfolio dem Risikoprofil und den Anlagezielen des Kunden gegenüber stellt. Das System prüft:
Ob der Kunde die Kenntnisse und Erfahrungen besitzt, um die Risiken einer Anlage in ein spezifisches Finanzinstrument zu verstehen;
ob sich das Portfoliorisiko in der Bandbreite des individuellen Risikobudgets bewegt, das heisst mit den finanziellen Verhältnissen des Kunden vereinbar ist und
ob sich das Portfoliorisiko im Risikobudget der Anlagestrategie bewegt und damit die Anlageziele des Kunden eingehalten werden.
Mit anderen Worten eine intelligente Compliance. So etwas ist heute unverzichtbar, bedenkt man, dass mit FIDLEG und MiFID II demnächst die Schrauben weiter angedreht werden. UnRiskAlpha berücksichtigt diese Parameter punktuell schon heute. Vor allem dort, wo es Gemeinsamkeiten der schweizerischen und europäischen Regelwerke gibt. Zudem kann das System an weitere lokale Regulierungen angepasst werden.
Entstehen also durch die Sonderwünsche des Kunden Konflikte mit Risikoprofil und Anlagestrategie, zeigt das System detailliert an, wo das Problem liegt. Das System erlaubt dem Berater anschliessend direkt am Desktop oder Tablet gemeinsam mit dem Kunden an den Gewichtungen zu drehen, beziehungsweise Produkte hinzuzufügen oder zu entfernen, bis die Ausrichtung wieder stimmt.
Automatische Dokumentation
Natürlich steht es dem Kunden frei, innerhalb des gesetzlichen Rahmens auf einem höheren Risiko zu bestehen – zumindest sofern dokumentiert wird, dass er über die Risiken aufgeklärt wurde. Hier kommt wieder die Technik ins Spiel: UnRiskAlpha unterstützt die Bank und den Kundenberater bei der Dokumentation der getroffenen Entscheidungen. Und auch der Kunde erhält zum Abschluss einen Anlagevorschlag, der alle geforderten Informationen in einer auch für Fachfremde verständlichen Sprache aufführt. Dieser kann dann automatisiert an die Archivierungssysteme der Bank weitergeleitet werden.
Für die Bank entsteht so eine Reduktion der Haftungsrisiken, denn sie kann im Streitfall auf eine saubere Dokumentation zurückgreifen, welche klar belegt, was zu welchem Zeitpunkt mit dem Kunden besprochen und ausgeführt wurde. Auch kann sie sich gegenüber den eigenen Beratern absichern, sollten diese Vorschläge machen, die der Linie der Bank widersprechen.
Das System kann aber noch mehr. So steht für einen Kunden auch die Performance seines Portfolios unter bestimmten Rahmenbedingungen im Vordergrund – das «Was-wäre-wenn». UnRiskAlpha enthält einen sogenannten Szenariobuilder. Dieser erlaubt das Vordefinieren komplexer makroökonomischer Ereignisse, wie etwa 9/11 oder Dotcom-Blase. Im Gespräch kann der Berater dann genau zeigen, wie sich verschiedene Zusammensetzungen des Portfolios in Krisen auf das Portfolio auswirken würden. Zum Beispiel sieht der Kunde, dass Hedge Funds die Volatilität eines Portfolios im Allgemeinen reduzieren, in Krisen aber ein erhöhtes Ausfallrisiko aufweisen. Das System kann also angepasste Portfolios innert Sekundenbruchteilen neu berechnen – damit verändert sich der Charakter der Beratung enorm.
UnRiskAlpha wirkt sich aber auch auf das tägliche Geschäft jenseits des Gesprächstermins aus. Über Nacht berechnet es jeweils die Auswirkungen aller Marktbewegungen auf alle Portfolios. Am nächsten Morgen sieht der Berater etwaige Probleme direkt auf seinem Dashboard, wo sein gesamter Kundenstamm aggregiert dargestellt wird. Gibt es Probleme, kann er bequem in die Einzelansicht wechseln, bereits Vorschläge für die Anpassung formulieren und das nächste Gespräch vorbereiten. Somit ist das System nicht statisch, sondern dynamisch und erlaubt einen dauerhaften Kundendialog.
Dauerhafter Kundendialog
Technisch handelt es sich um ein eigenständiges System mit einer serviceorientierten Architektur, das in die Applikationslandschaft einer Bank integriert wird. So werden beispielsweise das Corebanking-System, Marktdatenprovider und Product-Offering Plattformen über dafür vorgesehene Schnittstellen angebunden. Das System läuft on-premise und erfüllt die hohen Sicherheitsanforderungen der Finanzindustrie.
Um solche Werkzeuge effektiv zu gestalten, bedarf es wiederum intimer Kenntnisse der Prozesse in der Anlageberatung. Bei multilateral kommen diese aus der langjährigen Bankerfahrung der Entwickler. Dieses Know-how wurde durch eine Partnerschaft mit Experten für mathematische Lösungen, der MathConsult GmbH und uni software plus GmbH, ergänzt, woraus die Lösung UnRiskAlpha entstanden ist.
Bei multilateral fühlt man sich fit für die Herausforderung der Robo Advisor. «Die Robos werden Berater nicht verdrängen», meint Matthias R. Gysi, CEO von multilateral. «Kontroverse Aussagen gehören zum Geschäft. Wir sind aber überzeugt, dass Kundenberater auch künftig noch von einem erheblichen Teil der Kunden geschätzt und gebraucht werden. Hier kommen wir ins Spiel. Unsere Lösung ist effizient und effektiv.»
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