Den Patienten mehr involvieren
Beim E-Health Start-up Umana darf die Digitalisierung im Gesundheitswesen nicht auf Kosten des Patienten geschehen.
Die Digitalisierung im Gesundheitswesen funktioniert nur, wenn man skalieren kann. Aber das ist auch ein Problem», sagt Mirco Bazzani von Umana E-Health. Damit spielt er auf den Wildwuchs der Schnittstellen an und die mittlerweile grosse Anzahl Firmen, die sich hier tummeln. Will man dieses Ökosystem bespielen, ist der Initialaufwand extrem hoch.
Das E-Health Start-up Umana hat sich deshalb für einen Mittelweg entschieden, unter anderem auch, weil es auf einem eigenen Ökosystem aufsetzen kann. Das Unternehmen ist ein Spin-off mehrerer Hausarztpraxen und Apotheken, die ab dem ersten Quartal 2023 unter dem Namen Umana Health Group firmieren werden. So kommt die kritische Masse mehrerer tausend Patienten zusammen und die Digitalisierung bietet gleichzeitig den Anlass für die juristische Neuausrichtung. Gleichzeitig ist dieses Ökosystem nicht so gross, dass man versucht, alle Marktteilnehmer im ersten Schritt anzubinden: «Allen kann man es nicht recht machen, also fokussieren wir auf den Patienten», erklärt Bazzani.
Mehr als eine Momentaufnahme
Das Ziel von Umana ist die Effizienz im Umgang mit dem Patienten zu steigern und diesen gleichzeitig mehr in seine eigene Gesundung zu involvieren. Dazu wurde eine App entwickelt, die in Verbindung mit der Webplattform des Unternehmens steht. Der Patient kann hier eigene Ziele definieren und Erinnerungen setzen – zum Beispiel, dass er eine Medizin nehmen muss oder täglich spazieren geht oder auch dass der Blutzucker stabil bleibt. Die Erfüllung dokumentiert er in der App. Die App überträgt die Daten in die Web-Plattform. Dort können der Hausarzt und sein Team die Entwicklung verfolgen. «In der Sprechstunde hat man sonst immer nur eine Momentaufnahme. Mit unserer Lösung kann der Arzt den Verlauf anschauen», so Bazzani.
Darüber hinaus wird die Entwicklung vom Umana-Chronic-Care-Nurses-Team begleitet, das via Chat mit dem Patienten in Kontakt steht. Dieses steht nicht nur für Fragen zur Verfügung, sondern lobt den Patienten auch, wenn er seine Ziele erreicht. «Dieses positive Feedback ist sehr wichtig für die Menschen. Will ein Patient zum Beispiel abnehmen, hilft es psychologisch sehr, wenn diese Fortschritte wahrgenommen werden. Zumal bei uns Menschen reagieren und nicht vorgenerierte Antworten, die beim Erreichen irgendwelcher KPIs ausgelöst werden», so Bazzani.
Neben dem menschlichen Kontakt steht natürlich auch die Kosteneinsparung via Effizienzsteigerung im Vordergrund. «Das Ziel ist den Admin-Aufwand zu reduzieren: Weniger Zeit am Telefon, weniger Zeit mit Mails und so weiter», erklärt Baazani. So können Medikamentenbestellungen über die App ausgelöst und Termine vereinbart werden.
«Wohlbefinden» als Kerngrösse
Die Lösung ist seit etwa einem Jahr im Einsatz und wurde durch das Feedback der Patienten ständig verbessert. «Eine überraschende Einsicht dabei war, dass zu viel Präzision die Nutzer verschreckt», erklärt Bazzani. Beispiel Medikamenteneinnahme: Anfangs hatte das Team viel Zeit darauf verwendet, die Einnahme in allen Details zu tracken – was, um wieviel Uhr und so weiter. Den Patienten war das aber häufig zu kompliziert. Stattdessen wollten sie lediglich an die Einnahme erinnert werden und anschliessend den Vollzug melden. Mit dieser Vereinfachung stieg die Nutzung deutlich. Ähnlich verhält es sich mit der Kategorie «Wohlbefinden». Mirco Bazzani: «Der Begriff lässt sich nur schwer quantifizieren, ist aber trotzdem wichtig, um den Patienten einzuschätzen». Deshalb wird dieser Wert jetzt vom Nutzer via Emojis erfasst, zusätzlich macht er Angaben darüber, ob er Schmerzen hat oder Stress.
Um aus diesen Angaben Schlüsse zu ziehen, braucht es wieder den Menschen. Doch im Gegensatz zu früher basiert die ärztliche Einschätzung über die Entwicklung des Patienten nicht mehr nur auf der Momentaufnahme in der Sprechstunde.