Globales Trendscouting für den Schweizer Bankenplatz
Neben dem Tagesgeschäft fällt es hiesigen Banken schwer, die zahlreichen digitalen und globalen Trends zu überwachen. Das Start-up Trenda will das auffangen.
Vor zehn Jahren tauchten die Fintechs auf und wurden zum Schreckgespenst traditioneller Banken. Die Angst ging um, dass die Newcomer die alten Platzhirsche schnell verdrängen würden. Als Beispiel dienten die überragenden Erfolge von Google, Facebook & Co.
Grösstenteils ist das nicht passiert. Aufatmen konnten die Banken aber nicht, denn statt wenigen grossen Gegnern sehen sie sich mit einem Schwarm kleiner und grosser Fische konfrontiert, die an allen Ecken ihres Businessmodells knabbern. Dazu gehören Fintech-Start-ups, Neobanken, Internetkonzerne, Zahlungsdienstleister, Plattformen, Versicherungen, aber auch andere traditionelle Banken, die über ihre angestammten Grenzen hinaus agieren. Um sich nachhaltig zu behaupten, müssen die Aktivitäten all dieser Fische umfassend und weltweit beobachtet sowie analysiert werden. Doch dies ist eine grosse Herausforderung.
«Wir bieten Banken und Unternehmensberatungen ein ausgelagertes, globales Trendscouting mit klarem Fokus auf die Schweiz und Liechtenstein», so Sascha Gysel, Mitgründer von Trenda. Dies im Gegensatz zu bekannten und global fokussierten Marktgrössen wie Gartner & Co.: «Wenn digitale Payments global um 10 Prozent zunehmen, dann hilft diese Information einem Schweizer Banken-CEO aus strategischer Sicht wenig», meint Gysel. Was Trenda also tut, ist für den Bankenplatz relevante Informationen global zu sammeln, aber dann mit Blick auf die Relevanz im hiesigen Markt gezielt auszuwählen, aufzubereiten und digital zugänglich zu machen.
Plattform statt PDF
Um das in Eigenregie machen zu können, fehlen den hiesigen Instituten häufig die Ressourcen, oder es wird versucht, Trendscouting nebenbei zu machen, erklärt Sascha Gysel: «Geht man so vor, springt man zufällig und opportunistisch auf gerade gehypte Einzelthemen auf».
Dabei weiss Gysel, wovon er spricht, schaut er doch auf eine lange Karriere im Innovationsumfeld und im Trendscouting zurück. 2013 war er als Innovation Strategist am Aufbau des Trendscoutings und der Start-up-Ökosystem-Aktivitäten der UBS beteiligt. 2016 übernahm er bei Swisscom das E.foresight-Trendscouting-Team und leitete es fünf Jahre lang. Ende 2021 machte er sich zusammen mit E.foresights-Co-Leiter Thomas Stüssi auf, um im eigenen Start-up die nächste Phase des Trendscoutings einzuläuten. «Bisher wurden die Trend- und Innovationsinformationen vor allem in statischen Reports und Slides aufbereitet. Wir setzen bei Trenda voll auf den Plattformansatz. Deshalb haben wir von Grund auf eine neue Online-Applikation entwickelt», so Sascha Gysel.
Die Plattform besteht aus fünf Modulen: News, Studien, Daten, Trends und Features. Im News-Modul findet man alle Innovations-relevanten Aktivitäten von Akteuren weltweit, gefiltert nach Relevanz für die Schweiz und Liechtenstein. Im Datenmodul werden aktuelle Datensätze gesammelt und aktuell gehalten – zum Beispiel Assets-under-Management von digitalen Finanzlösungen oder Ratings von Finanz-Apps in App Stores. «Wenn Banken oder Berater einen Case rechnen wollen, müssen sie die Daten meist mühsam stundenlang zusammensuchen. Bei uns geht das auf Knopfdruck». Ähnliches gilt für das Studienmodul. Zusätzlich werden alle Daten und Studien nicht nur gesammelt, sondern auch mit Tags versehen und für die Suche aufbereitet.
Vergleichbarkeit per Klick
Im Trendmodul werden die Aktivitäten und Signale zu Trends aggregiert und in einer Trend-Matrix nach verschiedenen Dimensionen eingeordnet. Beispiele sind Trends wie Nachhaltigkeit oder Conversational Banking. «Hier können die Verantwortlichen nachschauen, was andere Banken oder Start-ups gemacht haben, um diese Trends zu adressieren, oder auch welche Trends beispielsweise das grösste Ertrags- oder Einsparpotenzial versprechen.»
Schliesslich gibt es noch das Features-Modul: Hier wird der Funktionsumfang in den digitalen Kanälen von in der Schweiz agierenden Banken miteinander vergleichbar gemacht. So wird auf einen Blick klar, welche Institute zum Beispiel einen Live Chat haben oder digitale Hypotheken anbieten. Banken können so einfach sehen, wo sie Lücken im Angebot haben oder sie sich von der Konkurrenz abheben können. Darüber hinaus wird sogar gezeigt, wie die Umsetzung im Einzelnen aussieht, und zwar mit Screenshots oder Videos der Einzelfunktion. Daraus lassen sich auch Best Practices ableiten, was die Funktion vor allem für Produktmanager sehr wertvoll macht. Denn die wenigstens Banken haben Accounts bei der gesamten Konkurrenz.
Modulübergreifende Verknüpfung
Ausserdem verknüpft die Trenda-Plattform alle gesammelten Informationen modulübergreifend miteinander und erlaubt den Einstieg in ein Thema aus verschiedenen Perspektiven. Zum Beispiel sind zwei der wichtigsten Themen der letzten Jahre Nachhaltigkeit und Kryptowährungen. Folgt man den dazu abgelegten Informationen chronologisch durch die Plattform, kann man sehen, wie beide Themen angefangen haben sich gegenseitig zu beeinflussen. «Für dezentrale Kryptowährungen braucht man einen Konsensalgorithmus, um die Echtheit der Transaktionen zu verifizieren. Bei den meisten Blockchains funktioniert dies durch komplexe Proof-of-Work-Berechnungen. Das verbraucht viel Strom. Mit der steigenden Beliebtheit von Kryptowährungen wird dies immer kritischer betrachtet. Mittlerweile gibt es Diskussionen, Bestrebungen und konkrete Umsetzungen, um Kryptowährungen weniger energieintensiv und trotzdem sicher zu gestalten».
Diese Zusammenhänge frühzeitig zu erkennen und die Entwicklungen zu verfolgen, ist das Ziel von Trenda.