Christian Walter ist Geschäftsführer und Redaktionsleiter von swiss made software. Bis Ende 2010 arbeitete er als Fachjournalist für das ICT-Magazin Netzwoche, publizierte zuletzt aber auch im Swiss IT Magazin, der Computerworld sowie inside-it.
Wo drückt den Mitarbeiter der Schuh? Das Start-up Smart Fed geht dieser Frage nach, indem es klassische Befragungen konsequent abschafft.
Umfragen sind gut gemeint, aber meist nicht sehr beliebt», sagt Martin Mechlinski, CEO und Gründer von Smart Fed. Das hängt schon mit der aufgezwungenen Natur des Vorgangs zusammen: «Mitarbeiter sind es leid, zu antworten – zumal auf Fragen, die für sie gerade keine Bedeutung haben».
Smart Fed dreht deswegen den Spiess um und nimmt akute Mitarbeiterbedürfnisse als Ausgangspunkt. Mitarbeiter mit solchen Bedürfnissen machen nämlich den Mund nur dann auf, wenn es brennt. Ein Beispiel: Das Team-Meeting ging mal wieder ziemlich lang und beschlossen wurde wenig. Via Handy ruft ein Mitarbeiter Smart Fed auf, navigiert über die Menüpunkte «Mein Team» und «Team Meetings» zu «Effizienz» und gibt «zu verbessern» an. Fertig.
Zentral dabei sind Einfachheit und die binäre Natur aller Antworten: Im Beispielfall war «finde ich gut» die Alternative. Smart Fed verzichtet bewusst auf klassische Indices von 1 bis 10. «Feedbacks als statistische Mittelwerte verwässern – wir arbeiten nur mit Absolutwerten», erklärt Mechlinski seinen Ansatz weiter.
Dabei kommt die Gewichtung gewissermassen durch die Hintertür – einfach über die Anzahl Bewertungen. «Glauben 10 Prozent der Mitarbeitenden, die Unternehmensziele wurden schlecht kommuniziert, muss das Management aufhorchen», so Mechlinski. Dies steht im Gegensatz zum klassischen Vorgehen, wo zunächst ein Themengebiet definiert wird, dann ein Fragenkatalog aufgestellt und schliesslich die Mitarbeiter eingeladen werden teilzunehmen. «Umfragen sind voll mit wichtigen Themen – das heisst aber nicht, dass die Fragen aktuell relevant sind», erklärt Mechlinski.
Anonymität sichern
Die Auswertung erfolgt über ein Management Cockpit, das übersichtlich zeigt, bei welchen Themen gerade der Schuh drückt. Hier zeigt der reduzierte Smart-Fed-Ansatz seine Qualität. Das Management sieht nämlich nicht nur, wie häufig ein Problem auftritt, sondern kann die Ergebnisse nach Abteilungen und Teams filtern. Allein die Häufigkeit des Auftretens gepaart mit dessen Ort ermöglicht bereits wirkungsvolle Massnahmen. Zum Vergleich: Klassische Durchschnittswerte sagen relativ wenig aus. Denn es bleibt unklar, ob die Note 6,7 für das ganze Unternehmen gilt oder nur für Teilbereiche oder ob Extremwerte den Schnitt verzerren. Smart Fed verkürzt also den Weg zum Ziel deutlich. «So kommen wir direkt an die Bedürfnisse und Probleme der Mitarbeiter heran», erklärt Mechlinski.
Damit die Nutzer der Lösung das nötige Vertrauen entgegenbringen, bleiben die Rohdaten bei Smart Fed und werden dem Management nur zusammengefasst zugänglich gemacht. Und auch der oben erwähnte Filter funktioniert nur, wenn es in Teilbereichen eine definierte Anzahl gleicher Antworten gibt. Zum Beispiel mindestens drei gleiche Aussagen in einem Team. So bleibt die Anonymität des Einzelnen gewährleistet.
Die Frequenz ist zentral
Da das Feedback bei Smart Fed von einem fixen Termin entkoppelt ist, kommt dem Zeitraum, über den Aussagen zu einem Thema erfolgen, eine hohe Bedeutung zu. Wird zum Beispiel die Zusammenarbeit in einem Team nur vereinzelt über einen längeren Zeitraum bemängelt oder innerhalb weniger Wochen sehr intensiv von vielen im Team? Smart Fed erlaubt den Mitarbeitern ausserdem, ihre Meinung im Laufe der Zeit zu ändern – so sieht man, ob etwaige Massnahmen greifen.
Smart Fed ist gedacht für Unternehmen ab etwa 50 Mitarbeitern. «Bei kleineren Unternehmen kann der Chef meist noch direkt spüren, wo es brennt und klemmt», erklärt Mechlinski. Das Unternehmen wurde 2018 gegründet und ist seit Mitte 2019 am Markt. «Die Software haben wir zusammen mit der Firma B-Works in Zürich entwickelt», so Mechlinski, der sich mit seiner Idee zurzeit allein am Markt sieht. «Das konsequent selbstbestimmte Feedback aus Sicht der Mitarbeitenden verfolgt bisher niemand», meint er.
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