Maurizio Minetti ist Redaktionsleiter von inside-it.ch und inside-channels.ch. Er schreibt seit über zehn Jahren über Themen wie E-Government, Banking-IT oder IT-Handel.
Verzögerte, verteuerte und gescheiterte IT-Projekte in der Verwaltung gab es immer schon. Spätestens seit Insieme schauen Politiker und Medien genauer hin. Das ist gut so, denn der Hauptgrund für IT-Flops ist meistens mangelnde Aufsicht.
Niemand weiss, wie viel Geld Bund, Kantone und Gemeinden für gescheiterte IT-Projekte in den Wind geschossen haben. Nur in seltenen Fällen lässt sich dies abschliessend sagen, etwa beim wohl bekanntesten Flop der Steuerverwaltung: Insieme. Exakt 102,4 Millionen Franken sind für Leistungen ausgegeben worden, die man nicht mehr brauchen kann. Doch die Geschichte ist noch nicht zu Ende geschrieben: Es laufen Strafverfahren, und das Nachfolgeprojekt Fiscal-IT gilt bereits als gefährdet.
Seco-Folgen noch unklar
Dass gescheiterte IT-Projekte der Verwaltung Strafuntersuchungen mit sich ziehen, ist eher unüblich, obwohl gerade solche Fälle für Aufmerksamkeit sorgen. Aktuellstes Beispiel sind die Vorgänge im Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco), wo ein Ressortleiter über Jahre hinweg zusammen mit Komplizen im grossen Stil korrupte Geschäfte getätigt haben soll. Was kostet dies den Steuerzahler? Man weiss es nicht.
Ebenfalls unklar ist, wie viel Brauchbares aus dem Armeeprojekt FIS Heer übrig bleibt. Ausgegeben wurden bisher 700 Millionen. Das Projekt ist nicht gescheitert, doch die Systeme sind teilweise nutzlos. Die Armee hat dies nicht abgeschreckt. Sie plant derzeit ein langfristiges Projekt namens Neo, das bis in zehn Jahren gegen 15 Milliarden kosten könnte. Die Finanzkontrolle spricht bereits von «hohen Risiken».
Teuer bedeutet aber nicht in jedem Fall, dass das Projekt scheitern muss: Das Softwareprojekt Vista bei den kantonalen Ausgleichskassen kostete 140 statt wie vorgesehen 80 Millionen. Das für Vista zuständige Unternehmen betont heute, man habe das Projekt Mitte 2012 erfolgreich abgeschlossen. Seither wickeln 17 Kantone mit der Lösung das Versicherungsgeschäft für weit über eine halbe Million Versicherte ab. Die höheren Kosten seien mit der Realisierung zusätzlicher Funktionalitäten und mit den Aufwendungen für die komplexe Migration der Versichertendatenbestände der Kunden zu begründen.
Vieles bleibt verborgen
Nach Insieme wurden Medien hellhöriger. Im Sommer 2012, als Insieme kurz vor dem Abschuss stand, deckte die Berner Zeitung die Verzögerungen im Mistra-Projekt des Bundesamts für Strassen (Astra) auf. Wie bei Insieme und im Seco wurden auch hier Verträge unter der Hand vergeben. Die Software kostete 100 statt 45 Millionen. Auch bei einem anderen Projekt musste das Astra die Kosten hochschrau-ben: Das Informationssystem Verkehrzulassung (IVZ) kostet knapp 25 Millionen mehr als angenommen.
Die Auflistung liesse sich noch beliebig erweitern. Viele Projekte – wie etwa jenes zur Einführung der elektronischen Geschäftsverwaltung (GEVER) – bergen hohe Risiken. Doch nicht nur der Bund hat ein Problem mit verzögerten und überteuerten Projekten. Praktisch alle grossen Kantone haben in den letzten Jahren negative Erfahrungen gemacht. Viele Verzögerungen und Verteuerungen bleiben aber für immer verborgen und die zuständigen Personen sind weiterhin in Amt. Es sei denn, Politiker, Aufseher und Medien schauen genauer hin.
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