Christian Walter ist Geschäftsführer und Redaktionsleiter von swiss made software. Bis Ende 2010 arbeitete er als Fachjournalist für das ICT-Magazin Netzwoche, publizierte zuletzt aber auch im Swiss IT Magazin, der Computerworld sowie inside-it.
Das Schweizer Start-up Specto Medical ermöglicht den dreidimensionalen Blick in den Körper durch die Umwandlung von CT-Scan-Daten.
Die Erkundung des Körpers war schon immer eines der Ziele der Medizin. Wie funktioniert er? Was steckt unter der Haut? Fragen, die jenseits der menschlichen Wissbegier vor allem an Bedeutung gewinnen, wenn Krankheiten oder Unfälle auftreten.
Dank moderner Technik können wir mittlerweile tief in den Körper blicken – non-invasiv beispielsweise via Computertomografie (CT). Die so entstandenen Bilder schneiden in feinen Scheiben durch den Körper und erlauben es dem medizinischen Fachpersonal, am Bildschirm in den Körper einzutauchen. Bis vor kurzem war diese Erfahrung meist zweidimensional. Neue Technologien sperren zusehends das Tor zum dreidimensionalen Raum auf. Eine solche Innovation kommt vom Schweizer Start-up Specto Medical, das räumliche Darstellungen von CT-Scans durch Virtual Reality (VR) und Augmented Reality (AR) anbietet.
Die CT-Scan-Daten, bekannt als DICOMs, werden via USB-Stick auf den Laptop mit der hauseigenen Software übertragen und stehen binnen Sekunden für die VR- oder AR-Brille zur Verfügung. Damit sieht eine Ärztin die CT eines Kopfes nicht nur in 3D, sondern kann in sie eintauchen, die Perspektive beliebig wechseln, Aspekte vergrössern oder auch einzelne Bereiche wegschneiden. «Soll zum Beispiel ein Hirntumor entfernt werden, kann der Arzt genau sehen, wo darunter die Blutgefässe sind, wie gross der Abstand ist und vieles mehr. Das hilft ihm in der Operationsvorbereitung», erklärt Marc Müller, CEO von Specto Medical.
Unterstützung von Operationen
Und die Anwendungsmöglichkeiten sind vielfältig: Angefangen bei der Ausbildung, wo junge Mediziner den Körper auf immersive Weise kennenlernen, über die Vorbereitung von Operationen sowie die damit verbundene Patientenaufklärung hin zu Unterstützung während der Operation selbst. Letzteres ist allerdings noch Zukunftsmusik; noch sind die nötigen Zulassungen von FDA und CE hängig.
Entwickelt wurde die Technologie über einen Zeitraum von 14 Jahren an der Universität Basel von einem Team um Professor Philippe Cattin. «Professor Cattin hatte diese Vision schon früh, und nun hat sich die Technologie ausreichend entwickelt, um diese den Ärztinnen und Ärzten in den Kliniken zugänglich zu machen», führt Marc Müller aus.
Aber nicht nur der Chirurg profitiert, sondern auch der Patient. Während der Patientenorientierung können Operateur und Patient zusammen den virtuellen Raum betreten. Die Ärztin kann dem Patienten so zeigen, wo das Problem liegt und was während der Operation passieren wird. «Neben der Vorbereitung der Operation, ist ein wichtiger Faktor für den Erfolg eines Eingriffs das Vertrauen des Patienten», erklärt Marc Müller. Der Gedanke ist leicht nachvollziehbar, man stelle sich einen Eingriff am eigenen Kopf vor – gern weiss man in so einer Situation mehr.
400 Millionen CT-Scans
Aber auch aus Perspektive des Chirurgen sind die Vorteile klar ersichtlich. Musste er doch die Transformation von 2D zu 3D bisher allein im Kopf vollziehen und sah erst beim Eingriff, inwieweit sein Vorstellungsvermögen der Realität entsprach.
Und das Marktpotential ist riesig: Gemäss Specto Medical werden gegenwärtig weltweit etwa 400 Millionen CT-Scans im Jahr durchgeführt. Bei Specto Medical sieht man sich dafür zurzeit in der Pole Position. «Zwei Elemente sind entscheidend für den Erfolg: Geschwindigkeit und Auflösung», erklärt Marc Müller. «Unsere Software kann die CT-Bilder binnen Sekunden umwandeln und anschliessen mit 180 Bildern pro Sekunde (90 Frames pro Sekunde und Auge) darstellen. Das ist unerlässlich, sonst kann eine VR-Erfahrung Seekrankheit verursachen».
Das Vertrauen in die Lösung lässt sich auch daran erkennen, dass das Unternehmen das Seed-Funding 2022 in nur sieben Tagen zusammenbrachte, und zwar zu 95 Prozent aus Schweizer Quellen. «Wir sind stolz auf unser Schweizer Start-up. Sonst spricht man immer von anderen internationalen High Tech Havens. Wir wollen zeigen, dass wir hochqualitative Lösungen produzieren können – von der Entwicklung, über die Finanzierung bis zum Erfolg des Unternehmens, und das alles Made in Switzerland».
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